Gesangbuch
2018 feierte unser «Gesangbuch der Evangelisch-reformierten Kirchen der deutschsprachigen Schweiz» den 20. Geburtstag! Es ist das zweite gemeinsame Gesangbuch der Evangelisch-reformierten Landeskirchen der Deutschschweiz. 1928 hatte der Kirchenbund erstmals die Initiative für ein gemeinsames Gesangbuch lanciert. 1952 war es dann soweit und die erste Ausgabe erschien im Druck. Die zweite, aktuelle Ausgabe übernahm Dreiviertel des Liedgutes von der ersten Ausgabe; der restliche Viertel ist neu. Darunter gibt es viele ökumenische Lieder, d.h. solche, die auch im katholischen Gesangbuch drin sind. Vorher hatten alle evangelisch-reformierten Kantonalkirchen oder auch ein paar Landeskirchen zusammen ein eigenes Gesangbuch.
Das Singen ist ein wichtiges Element jedes Gottesdienstes. Im Singen kommt die Gemeinde zu Wort. Das Singen spricht nicht nur den Kopf an, sondern auch das Herz. Im Singen werden wir erfüllt und durchklungen von der Kraft und der Freude des Glaubens. Doch das Singen war nicht immer selbstverständlicher Teil der kirchlichen Feiern.

gesangsbuch (zip)


Entwicklung in Ausserrhoden

Ebenfalls im 2018 waren es exakt 400 Jahre her, seit 1618 im Ausserrhodischen der Kirchengesang eingeführt wurde, zumindest offiziell. Damals wurde erst in Herisau gesungen. Die Pfarrerschaft wollte das ändern und wurde bei der Landesobrigkeit vorstellig mit dem Wunsch, den Kirchengesang zu verordnen. In einem nicht datierten Mandat heisst es:
«Vomm Kirchen Gesang. Das Gesang der Psalmmen und geistreichen Liederen soll von Man und wiebs Personen, in den Kirchen mit lauter stimm gesungen werden, Diejenigen so in Wirtshäuseren und anderstwo singen und in der Kirchen schweigen, sollen von Pfarrer und Vorgesetzten angemahnt werden: in der Kirchen auch zu singen; im widrigen Fall erwisener Ungehorsam selbige Personnen mit 5 Pfd. Pfennig Busse zu belegen»!

Im gleichen Mandat heisst es, dass die Pfarrer jeden Sonntag von der Kanzel verkünden sollen, was in acht Tagen gesungen wird. Die Idee dahinter war, dass sich das Kirchenvolk einstimmen und vorbereiten konnte. Die Schulmeister erhielten ausserdem den Auftrag, jeden Mittwoch mit der Jugend die Lieder einzuüben. Trotz dieser Massnahmen haperte es mit dem Kirchengesang. In einer Synodalnotiz von 1636 kann man lesen, dass obwohl viele Prediger gerne singen würden, müssten sie dies oft allein tun, sie hätten fast keine Unterstützung aus der Gemeinde.

Die Situation wurde erst besser, als im 18. Jahrhundert Singgesellschaften gegründet wurden. Diese waren sehr beliebt, da sie (jungen) Frauen und Männern ermöglichten, sich ungezwungen zu begegnen. Nun konnte in der Kirche bald vierstimmig gesungen werden. Doch ein Jahrhundert später nahmen die Klagen wieder zu. 1808 ist im damaligen Avis-Blatt zu lesen: «In unserem Land und vorzüglich in Herisau hat der fromme feierliche Choralgesang, die Neigung zur Instrumentalmusik (...) leider sehr abgenommen.» Nun kam der Wunsch nach einem eigenen Appenzeller Gesangbuch auf, verbunden mit der Hoffnung, dass die Kirchbürger dann lieber singen würden. Bis dahin hatte man hierzulande auswärtige Gesangbücher benutzt.

Ab 1834 konnte das (bisher einzige) Appenzeller Gesangbuch in allen Gemeinden eingeführt werden. Stein gehörte zu den letzten Gemeinden, die dies taten. Im Appenzellischen Monatsblatt von 1840 heisst es in der Chronik vom Mai: «Auch in Stein ist der erste Schritt zur Einführung des neuen Gesangbuches geschehen. Es haben nämlich die Vorsteher, freilich nicht sehr einstimmig, dem wiederholten Wunsche entsprochen». – Und seither hat sich wieder viel geändert, gesungen wird aber zum Glück immer noch.
Irina Bossart

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