Abendmahlsgeschirr
Unsere Kirchgemeinde besitzt Abendmahlsgeschirr aus der Anfangszeit der Kirche. Dazu gehören sechs Weinkannen, zwei Kelche und zwei Brotteller. Heute werden nur noch die Kelche verwendet.

abendmahlsgeschirr (zip)

Fünf der glockenförmigen Weinkannen aus Zinn mit so genanntem Bajonettverschluss wurden der neuen Kirchgemeinde geschenkt: Elisabeth Ögster (Eugster) aus Wolfhalden ist vermutlich die Donatorin von derjenigen Kanne, die der Zinngiesser Georg Friedrich Merg von Lindau am Bodensee hergestellt hat. Vier Kannen, je verziert mit einem St. Galler Bären auf der Bodenrosette, wurden von der Gemeinde Teufen gestiftet. Auf dem Schild dieser Kannen steht «R * S 1749», d.h. Rhode Stein 1749. Die sechste Kanne zeigt auf der Bodenrosette ebenfalls eine St.Galler Bären; Hersteller war Georg Staehelin von St.Gallen. Wer diese Kanne bezahlt hat oder ob die Kirchgemeinde Stein selbst sie in Auftrag gegeben hat, ist mir nicht bekannt.

Die beiden Brotteller sind ebenfalls aus Zinn gefertigt. Auf dem Rand des einen Tellers heisst es: «Ghört der Kirchen zum ST [ein]». Die Inschrift erinnert daran, dass die Kirche ursprünglich «zum Stein» hiess. Der zweite Teller  weist  keine «Randbermerkung» auf, dafür die Initialen der Stifterin Anna Catherina Zuberbühler. Die beiden silbervergoldeten, im Jahr 1750 hergestellten Abendmahlskelche stammen aus der Werkstatt eines Herisauer Meisters, vermutlich Johannes Schefer. Beide Kelche sind Schenkungen. Sie sind sowohl mit einem Bibelspruch als auch mit dem Wappen der StifterInnen verziert. Stifter und Stifterin des einen Kelches sind: Jacob Müller und seine Frau Elisabetha Wittmere; der beigegebene Bibelvers lautet: «Wisset, dass ihr nit mit vergänglichem Silber oder Gold erlöst seyt, sonder mit dem theuren Blut Jesu Christi, als eines unschuldigen und unbeflecten Lams. I. Epist. Petri I. Capit. der 18. u. 19. Vers.» Den anderen Kelch hat Jacob Schmid «ab Gaiß» finanziert. Darauf steht der Spruch: «So wir aber im Licht wandlen wie Er im Licht ist, so haben wir Gemeinschaft unter einanderen, und das Blut Jesu Christi seines Sohns machet uns rein von aller Sünde. I. Epist. St. Johannis I. Capit. 7. Vers». 1910 hat die Kirchgemeinde zwei weitere Kelche angeschafft. Äusserlich sind sie Kopien der älteren Kelche. Um das Gemeindewappen von Stein herum, das sozusagen als Stifterwappen gilt, steht: «Evangelische Kirchgemeinde Stein App. A. Rh.» Die je eingravierten Inschriften lauten: «Kommet her zu mir Alle, die ihr mühselig und beladen seid, Jch will euch erquicken. Evangelium St.Matthäi 11. Capitel, 28. Vers. Ostern 1910» und «Dabei wird Jedermann erkennen, dass ihr meine Jünger seid, so ihr Liebe untereinander habt. Evangelium St. Johannis 13. Capitel 35. Vers. Ostern 1910.» Während die Inschriften der älteren Kelche die Erlösung durch Jesu Tod hervorheben, betonen die Sprüche der jüngeren Kelche die Stärkung durch Christus und die liebevolle Verbundenheit untereinander –­ eine interessante theologische Schwerpunktverschiebung! Nun nimmt es Wunder, wie damals das Abendmahl gefeiert wurde. Die Quellen sind spärlich und wo sie vorhanden sind, können sie nicht als allgemeingültig betrachtet werden, da im Appenzellerland unterschiedliche Traditionen nebeneinander bestanden. In der ältesten Kirchenordnung von 1659 heisst es, dass das Abendmahl an den drei hohen Festtagen Weihnachten, Ostern und Pfingsten gefeiert wurde sowie am ersten Sonntag im Herbst und an einigen Orten noch am «grossen Donnerstag». Den Wein hole man in den Dorf-Wirtshäusern und zwar «so viel / dass man gnug habe». Die Ordnung sah vor, dass zuerst die Männer «communicieren», dann die Frauen, am Schluss die Pfarrer und Kirchenpfleger. Die «Communicanten» gingen nacheinander zum «Tisch» und erhielten den Kelch in die Hand. Danach hatten sie sich wieder zu setzen, zu beten und in «guten Büchern» zu lesen – offenbar, damit nicht geschwatzt wird. Der Hinweis aufs Lesen zeigt aber auch, dass die Gemeindeglieder lesen konnten. Beim «Tisch» handelte es sich um «den Tisch des Herrn», gemeint ist der Abendmahlstisch, und nicht um einen Altar. Der Begriff «Altar» wäre auch nicht passend, da er vom lateinischen Wort «altaria» abstammt, was Opfertisch und Brandaltar bedeutet.
Irina Bossart

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